Cardientschas blauas / Aberglaube
Auf Bündner Boden sind bis anhin nur bescheidene
Formen von Kultplätzen aus vorchristlicher Zeit
bekannt. Vermutlich stand die religiöse Verehrung
von Sonnen-, Quell- und Wassergottheiten, Baum-,
Feld- und Waldgöttern im Zentrum.
Durch die Romanisierung verschwanden die keltischen und rätischen Götter und wurden durch römische
ersetzt. Die neuen Götter, wie Silvanus oder Diana,
kamen den früheren Naturgottheiten recht nahe,
sodass sie leicht akzeptiert wurden. Es ist denkbar,
dass einzelne eisenzeitliche Kultplätze in römischer
Zeit weiter benutzt wurden.
Der Legende nach missionierten der heilige Luzius
oder der christliche Glaubensbote Gaudentius in der
zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts in Rätien. 380
wurde das Christentum im Römischen Reich zur
Staatsreligion erhoben. Dennoch hielt sich der alte
Glaube noch lange. Sowohl die spätrömischen Kaiser
wie Theodosius I. (379–395) als auch noch Bischof
Remedius von Chur (um 800–820) erliessen Gesetze
zum Verbot heidnischer Kulte. Die Statuetten des
Handelsgottes Merkur und der Jagdgöttin Diana in
Chur, Altäre aus Sils-Baselgia sowie der Kultplatz
St.Luzisteig-Prasax belegen, dass heidnisch-antike
Göttervorstellungen aber noch weit verbreitet waren.
In der Kulthöhle von Zillis wurde die orientalische
Gottheit Mithras noch während Jahrhunderten weiter
verehrt. Das Skelett eines gepfählten Mannes, die
Streuung der Kultobjekte sowie die Zuschüttung
der Höhle lassen annehmen, dass den heidnischen
Praktiken ein gewaltsames Ende bereitet wurde. Die
christliche Vorstellung des einen einzigen Gottes
hatte sich durchgesetzt.
Die frühen Kirchenbauten in der Provinzhauptstadt
Chur und auf dem Lande sind Zeugnisse für den
Machtzuwachs des Christentums seit der Spätantike.